Terpene sind isoprenoide Sekundärmetabolite, die einen wesentlichen Anteil am ätherischen Öl der Cannabisblüte haben und ihr Aroma maßgeblich prägen (Booth, Page & Bohlmann, 2017, PLOS ONE). In Blüten/Harz wurden per Headspace/GC–MS schon früh zentrale Monoterpene wie β-Myrcen, Limonen, α-Pinen, Linalool sowie Sesquiterpene wie β-Caryophyllen eindeutig nachgewiesen (Hood et al., 1973, Nature; Hendriks et al., 1975, Phytochemistry; Martin et al., 1961, Nature; Nigam et al., 1965, Canadian Journal of Chemistry). Moderne Analytik hat die Breite des Terpenoidspektrums in Cannabis präzise erfasst und >90 Terpenoide in Blüten quantitativ bestimmt (Shapira et al., 2019, Analytical Chemistry).
Wo sitzen Terpene in der Pflanze?
Terpene (wie auch die meisten Cannabinoide) werden vor allem in den Drüsenhaaren (glandular trichomes) der weiblichen Blütenstände gebildet und im subkutikulären Sekretraum gespeichert. Einzel-Trichom-Analysen und Mikroskopie/Histochemie zeigen: In capitate-stalked Trichomen korrelieren Biosynthese und Akkumulation der Aromastoffe mit der Blütenreife (Happyana et al., 2013, Phytochemistry). Die THCA-Synthase (Marker der Harzbiosynthese) ist in sekretorischen Trichomzellen lokalisiert – das bestätigt Drüsenhaare als Produktionsort des Harzes (Cannabinoide und Terpene) (Sirikantaramas et al., 2004, Journal of Biological Chemistry). Auf Gen-/Enzymebene wurden in Cannabis sativa mehrere Terpensynthasen (TPS) kloniert und funktionell charakterisiert; ihre Aktivität erklärt die Vielfalt der Mono- und Sesquiterpene im Blütenharz (Booth, Page & Bohlmann, 2017, PLOS ONE).

Biosynthese – MEP/MVA-Vorstufen und Terpensynthasen (TPS)
In Cannabis sativa entstehen Terpene aus den Isoprenoid-Vorstufen IPP/DMAPP und werden über Terpensynthasen (TPS) zu Monoterpenen (C10) bzw. Sesquiterpenen (C15) umgesetzt. Für Cannabis wurden mehrere TPS-Gene kloniert und biochemisch charakterisiert: Enzyme mit plastidischen Transitpeptiden katalysieren Monoterpene (z. B. Myrcen-, Limonen-, Pinen-Synthasen aus GPP), während zytosolische TPS Sesquiterpene (z. B. β-Caryophyllen) aus FPP bilden – damit ist auch die zelluläre Kompartimentierung der Terpenbiosynthese experimentell belegt (Booth, Page & Bohlmann, 2017, PLOS ONE).
Wie viele Terpene und welche sind in Cannabis typisch?
In Cannabisblüten wurden mittlerweile >90 Terpenoide analytisch identifiziert und quantifiziert (Shapira et al., 2019, Analytical Chemistry). Zu den häufigen Monoterpenen zählen β-Myrcen, Limonen, α/β-Pinen, Linalool – in frühen Headspace-/Öl-Analysen bereits eindeutig nachgewiesen (Hood et al., 1973, Nature; Hendriks et al., 1975, Phytochemistry; Martin et al., 1961, Nature; Nigam et al., 1965, Canadian Journal of Chemistry). Bei den Sesquiterpenen dominieren oft β-Caryophyllen, α-Humulen, (E)-β-Farnesen sowie Caryophyllenoxid (Hendriks et al., 1975, Phytochemistry; Ross & ElSohly, 1996, Journal of Natural Products). Multivariate Profilierungen über zahlreiche Varietäten zeigen chemovar-spezifische Terpenmuster, die sich zur Einteilung von Sorten eignen (Hazekamp & Fischedick, 2012, Drug Testing and Analysis).
Hauptterpene & (prä)klinisch relevante Wirkansätze
α/β-Pinen – kognitionsrelevant (AChE-Hemmung)
Bicyclische Monoterpene wie Pinen hemmen Acetylcholinesterase in vitro – ein plausibler Mechanismus, über den Pinene cholinerge Funktionen (Aufmerksamkeit/Gedächtnis) modulieren könnten (Miyazawa & Yamafuji, 2005, Journal of Agricultural and Food Chemistry).
β-Myrcen – analgetisch/sedativ (präklinisch)
Myrcen zeigte antinokizeptive Effekte im Maus-Schmerzmodell; die Wirkstärke war dosisabhängig. Das stützt die verbreitete Einordnung von Myrcen als „beruhigend/analgetisch“, bleibt aber primär Tierdaten (Rao et al., 1990, Journal of Pharmacy and Pharmacology).
Limonen – anxiolytische/antistress-Tendenz (präklinisch, wenige Humanhinweise)
Limonen reduzierte in Mausmodellen Angst-/Stress-Verhalten; mögliche Beiträge serotonerger/dopaminerger Pfade werden diskutiert. Klinische Daten sind heterogen und stammen meist aus Zitrus-Öl-Gemischen (nicht reinem Limonen) (Komiya, Takeuchi & Harada, 2006, Behavioural Brain Research).
Linalool – anxiolytisch/analgetisch (präklinisch, teils Human-Aromatherapie)
Linalool wirkte in Tiermodellen angstlösend und schmerzlindernd; zusätzlich wurden antiinflammatorische Effekte beschrieben. Humanbefunde kommen überwiegend aus Aromatherapie-Studien (Gemische), weshalb die Übertragbarkeit auf reines Linalool vorsichtig zu bewerten ist (Peana et al., 2002, Phytomedicine; Peana et al., 2003, European Journal of Pharmacology; Linck et al., 2009, Phytomedicine).
β-Caryophyllen – entzündungsmodulierend (CB2-Agonist, präklinisch)
Caryophyllen bindet selektiv an CB2-Rezeptoren und wirkt als funktioneller Agonist ohne CB1-vermittelte Psychoaktivität. Daraus leitet sich ein konsistentes antiinflammatorisches Profil in Tiermodellen ab; klinische Studien sind rar (Gertsch et al., 2008, Proceedings of the National Academy of Sciences).
Einordnung. Die genannten Effekte sind biologisch plausibel und präklinisch gut gestützt; robuste Head-to-Head-Humanstudien mit definierten Terpendosen (+/– Cannabinoide) sind jedoch selten. Für die Patientenkommunikation heißt das: Tendenzen sind nutzbar, Therapieentscheidungen sollten symptom- und verlaufsorientiert sowie ärztlich/apothekerlich begleitet erfolgen.
Analytik in der Praxis (Headspace/GC–MS) & typische Profile
Die flüchtigen Terpene der Cannabisblüte werden seit Jahrzehnten mittels Headspace-Probenahme und GC–MS charakterisiert. Bereits frühe Arbeiten identifizierten die prägenden Monoterpene (β-Myrcen, Limonen, α/β-Pinen, Linalool) und Sesquiterpene (β-Caryophyllen, Caryophyllenoxid) direkt aus Blüten bzw. Harz (Hood et al., 1973, Nature; Hendriks et al., 1975, Phytochemistry; Martin et al., 1961, Nature; Nigam et al., 1965, Canadian Journal of Chemistry). Moderne Profilierungen quantifizieren >90 Terpenoide in Infloreszenzen und erlauben Chemovar-Cluster nach Leitterpenen (z. B. myrcen-, pinen-, terpinolen-, caryophyllen/limonen-dominant) — praxisrelevant für die Sortenwahl in der Cannabis Apotheke (Shapira et al., 2019, Analytical Chemistry; Hazekamp & Fischedick, 2012, Drug Testing and Analysis).
Für die Qualitätssicherung wichtig: Verarbeitung verändert das Profil. Beim Trocknen/Lagern nehmen Monoterpene ab, Sesquiterpene relativ zu; das wurde an frischen vs. luftgetrockneten Blüten gezeigt und in neueren Arbeiten zu frischen vs. getrockneten Blütenölen bestätigt (Ross & ElSohly, 1996, Journal of Natural Products; Wanas et al., 2020, Natural Product Communications).
Einfluss von Sorte, Reifestadium, Ernte & Aufbereitung
Terpenprofile hängen deutlich von Varietät/Chemovar und Wachstumsstadium ab; Ernte zu unterschiedlichen Reifegraden verändert Ausbeute und Zusammensetzung der ätherischen Öle (Abdollahi et al., 2020, Industrial Crops and Products). Analysen realer Sorten zeigen stabile, sortenspezifische Terpenmuster (Hazekamp & Fischedick, 2012, Drug Testing and Analysis). Auf Einzelzell-Ebene steigt die Akkumulation in sekretorischen Trichomen mit der Blütenreife (Happyana et al., 2013, Phytochemistry).
Pflanzenteil & Lokalisation
Die capitate-stalked Trichome der weiblichen Blüte sind Hauptort der Terpenbiosynthese und -speicherung; die enzymatische Ausstattung der sekretorischen Zellen erklärt die Konzentration der Mono- und Sesquiterpene im Harz (Sirikantaramas et al., 2004, Journal of Biological Chemistry; Booth, Page & Bohlmann, 2017, PLOS ONE).
Trocknung & Lagerung
Verarbeitungsschritte verschieben das Profil messbar: Beim Übergang von frischen zu luftgetrockneten Blüten nimmt der Anteil Monoterpene ab, während Sesquiterpene relativ zunehmen (Ross & ElSohly, 1996, Journal of Natural Products). Das wurde für frische vs. getrocknete Blütenöle erneut bestätigt (Wanas et al., 2020, Natural Product Communications). Ursache ist die höhere Flüchtigkeit vieler Monoterpene und ihr Verlust durch Zeit, Temperatur und Luftkontakt (Ross & ElSohly, 1996, Journal of Natural Products).
Praktische Konsequenz (Apotheke)
Für medizinische Blüten bedeutet das: Erntezeitpunkt, Reifegrad, zügige und schonende Trocknung/Lagerung sind entscheidend, um myrcen-, limonen- oder pinen-dominante Profile zu erhalten; bei längerer Lagerung kann sich das Profil zugunsten sesquiterpen-reicher Muster verschieben (Ross & ElSohly, 1996; Wanas et al., 2020).