Was ist CBD?
Cannabidiol (CBD) ist nach Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) das am besten untersuchte Cannabinoid der Cannabispflanze. Chemisch handelt es sich um ein lipophiles Molekül aus der Gruppe der Phytocannabinoide, das strukturell eng mit THC verwandt ist, aber keine klassischen psychoaktiven Wirkungen entfaltet [1].
Natürliches Vorkommen: CBD kommt in den Blütenständen weiblicher Cannabispflanzen in unterschiedlichen Konzentrationen vor. Vor allem sogenannte CBD-reiche Sorten (oft als „Nutzhanf“ klassifiziert) können besonders hohe Anteile enthalten [2].
Rechtlicher Status: Während CBD-haltige Produkte in vielen Ländern als Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika erhältlich sind, unterliegt medizinisch eingesetztes Cannabidiol strengen regulatorischen Vorgaben. In Deutschland ist das verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel Epidyolex® zugelassen, vor allem zur Behandlung bestimmter Epilepsieformen [3].
Wie wirkt CBD im Körper?
Im Gegensatz zu THC bindet Cannabidiol (CBD) nicht direkt agonistisch an die klassischen Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2. Stattdessen wirkt es eher indirekt modulierend und beeinflusst die Signalwege des Endocannabinoid-Systems [1]. Es hemmt beispielsweise den Abbau körpereigener Endocannabinoide wie Anandamid und verstärkt dadurch deren Wirkung [2].
Darüber hinaus zeigt CBD eine breite Interaktion mit weiteren molekularen Zielstrukturen. Dazu gehören Serotonin-Rezeptoren (5-HT1A), die mit angstlösenden und stimmungsaufhellenden Effekten in Verbindung gebracht werden, sowie TRPV1-Rezeptoren, die eine Rolle bei Schmerz- und Entzündungsprozessen spielen [3].
Ein entscheidender Unterschied zu THC ist das Fehlen klassischer psychotroper Effekte. CBD löst weder ein „High“ noch akute Wahrnehmungsveränderungen aus, weshalb es in der medizinischen Anwendung oft als verträglicher angesehen wird [4].
Die Effekte von CBD können dosisabhängig variieren: Niedrige Dosen scheinen eher aktivierend und anxiolytisch zu wirken, während höhere Dosierungen sedative Eigenschaften zeigen können [5]. Auch die Applikationsform (z. B. orale Einnahme, Inhalation, sublinguale Tropfen) beeinflusst Bioverfügbarkeit und Wirkeintritt deutlich [6].
Medizinische Einsatzbereiche von CBD
Die medizinische Bedeutung von Cannabidiol (CBD) hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders gut untersucht ist der Einsatz bei Epilepsie, insbesondere bei schwer behandelbaren Formen wie dem Dravet-Syndrom und dem Lennox-Gastaut-Syndrom. Hier konnte CBD in klinischen Studien die Anfallshäufigkeit signifikant reduzieren, was auch zur Zulassung von CBD-basierten Medikamenten (z. B. Epidyolex®) geführt hat [7].
Ein weiteres Anwendungsfeld sind Angststörungen, Schlafprobleme und Stress. Studien deuten darauf hin, dass CBD über seine Wirkung am Serotonin-5-HT1A-Rezeptor anxiolytische Effekte entfalten kann; zugleich gibt es Hinweise auf Verbesserungen der Schlafqualität und eine Reduktion von Stresssymptomen [8].
Auch bei entzündlichen Erkrankungen und Schmerzen wird CBD untersucht. Tier- und Humanstudien legen nahe, dass CBD antiinflammatorische und analgetische Effekte haben könnte, beispielsweise bei chronischen Schmerzen oder Arthritis [9].
Darüber hinaus gibt es wachsende Evidenz für weitere mögliche Anwendungsgebiete. Dazu zählen neuroprotektive Effekte (z. B. bei Alzheimer oder Parkinson) sowie ein potenzieller Nutzen bei Substanzgebrauchsstörungen (z. B. Nikotin- oder Opiatabhängigkeit), wo CBD Craving und Rückfallrisiken senken könnte [10].
Risiken und Nebenwirkungen von CBD
Obwohl Cannabidiol (CBD) im Allgemeinen als gut verträglich gilt, sind bestimmte Risiken und Nebenwirkungen bekannt.
Kurzfristige Nebenwirkungen können insbesondere bei höheren Dosierungen auftreten. Dazu zählen Müdigkeit, Durchfall, Appetitveränderungen und Veränderungen des Körpergewichts. Auch leichte Benommenheit oder Schläfrigkeit wurden in klinischen Studien beobachtet [11].
Ein wesentlicher Punkt sind die Wechselwirkungen mit Medikamenten. CBD hemmt verschiedene Cytochrom-P450-Enzyme (CYP-Enzyme), die für den Abbau zahlreicher Arzneimittel verantwortlich sind. Dadurch können sich Wirkspiegel beispielsweise von Antiepileptika, Antidepressiva oder Blutverdünnern erhöhen, was eine ärztliche Überwachung erforderlich macht [12].
Hinsichtlich der Sicherheit bei Langzeitanwendung ist die Datenlage noch begrenzt. Langzeitstudien über mehrere Jahre fehlen weitgehend. Bisherige Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass CBD auch bei längerfristiger Einnahme eine relativ günstige Sicherheitsbilanz aufweist, wobei potenzielle Leberfunktionsveränderungen und Wechselwirkungen engmaschig kontrolliert werden sollten [13].
CBD im Vergleich zu anderen Cannabinoiden
Ein zentrales Merkmal von Cannabidiol (CBD) ist der deutliche Unterschied zu Tetrahydrocannabinol (THC). Während THC stark psychoaktive Effekte hervorruft – einschließlich Euphorie, Wahrnehmungsveränderungen und einem Risiko für Angst oder Psychosen – wirkt CBD nicht psychotrop. Im Gegenteil: CBD zeigt in Studien anxiolytische, antipsychotische und stressreduzierende Effekte, die teilweise als ausgleichendes Gegengewicht zu den Effekten von THC beschrieben werden [14].
Darüber hinaus interagiert CBD auch mit anderen Cannabinoiden. In Kombination mit Cannabigerol (CBG) oder Cannabinol (CBN) wird eine mögliche synergistische Wirkung diskutiert, beispielsweise bei der Schmerzlinderung oder beim Schlaf. Auch im Zusammenspiel mit Terpenen – den aromatischen Inhaltsstoffen der Cannabispflanze – könnte CBD spezifische Effekte verstärken oder modulieren [15].
Besonders bedeutsam ist CBD im Rahmen des sogenannten Entourage-Effekts. Dieser beschreibt die Annahme, dass die therapeutische Wirkung von Cannabis nicht ausschließlich auf einem einzelnen Wirkstoff beruht, sondern auf dem Zusammenspiel von Cannabinoiden, Terpenen und Flavonoiden. CBD spielt dabei eine wichtige Rolle, da es potenziell die Nebenwirkungen von THC abmildern und gleichzeitig dessen positive medizinische Effekte ergänzen kann [16].
Verwendete Quellen:
[1] Pertwee, R. G. (2008). The diverse CB1 and CB2 receptor pharmacology of three plant cannabinoids. British Journal of Pharmacology, 153(2), 199–215.
[2] Bisogno, T. et al. (2001). Molecular targets for cannabidiol and its synthetic analogues: effect on vanilloid VR1 receptors and on the cellular uptake and enzymatic hydrolysis of anandamide. British Journal of Pharmacology, 134(4), 845–852.
[3] Ibeas Bih, C. et al. (2015). Molecular targets of cannabidiol in neurological disorders. Neurotherapeutics, 12(4), 699–730.
[4] World Health Organization (WHO). (2018). Critical Review Report: Cannabidiol (CBD).
[5] Zuardi, A. W. et al. (2017). Cannabidiol: from an inactive cannabinoid to a drug with wide spectrum of action. Revista Brasileira de Psiquiatria, 39(2), 180–195.
[6] Millar, S. A. et al. (2018). A systematic review on the pharmacokinetics of cannabidiol in humans. Frontiers in Pharmacology, 9, 1365.
[7] Devinsky, O., et al. (2017). Trial of cannabidiol for drug-resistant seizures in the Dravet syndrome. New England Journal of Medicine, 376(21), 2011–2020.
[8] Blessing, E. M., Steenkamp, M. M., Manzanares, J., & Marmar, C. R. (2015). Cannabidiol as a potential treatment for anxiety disorders. Neurotherapeutics, 12(4), 825–836.
[9] Philpott, H. T., O’Brien, M., & McDougall, J. J. (2017). Attenuation of early phase inflammation by cannabidiol prevents pain and nerve damage in rat osteoarthritis. Pain, 158(12), 2442–2451.
[10] Prud’homme, M., Cata, R., & Jutras-Aswad, D. (2015). Cannabidiol as an intervention for addictive behaviors: A systematic review. Substance Abuse: Research and Treatment, 9, 33–38.
[11] Iffland, K., & Grotenhermen, F. (2017). An update on safety and side effects of cannabidiol: A review of clinical data and relevant animal studies. Cannabis and Cannabinoid Research, 2(1), 139–154.
[12] Jiang, R., Yamaori, S., Takeda, S., Yamamoto, I., & Watanabe, K. (2011). Identification of cytochrome P450 enzymes responsible for metabolism of cannabidiol by human liver microsomes. Life Sciences, 89(5–6), 165–170.
[13] Millar, S. A., Stone, N. L., Yates, A. S., & O’Sullivan, S. E. (2018). A systematic review on the pharmacokinetics of cannabidiol in humans. Frontiers in Pharmacology, 9, 1365.
[14] Zuardi, A. W., Shirakawa, I., Finkelfarb, E., & Karniol, I. G. (1982). Action of cannabidiol on the anxiety and other effects produced by Δ9-THC in normal subjects. Psychopharmacology, 76(3), 245–250.
[15] Russo, E. B. (2011). Taming THC: potential cannabis synergy and phytocannabinoid-terpenoid entourage effects. British Journal of Pharmacology, 163(7), 1344–1364.
[16] Russo, E. B., & Marcu, J. (2017). Cannabis pharmacology: The usual suspects and a few promising leads. Advances in Pharmacology, 80, 67–134
[17] Devinsky, O., Cross, H., & Laux, L. (2017). Trial of cannabidiol for drug-resistant seizures in the Dravet syndrome. New England Journal of Medicine, 376(21), 2011–2020.
[18] Millar, S. A., Stone, N. L., Yates, A. S., & O’Sullivan, S. E. (2019). A systematic review on the pharmacokinetics of cannabidiol in humans. Frontiers in Pharmacology, 10, 1365.
[19] Blessing, E. M., Steenkamp, M. M., Manzanares, J., & Marmar, C. R. (2015). Cannabidiol as a potential treatment for anxiety disorders. Neurotherapeutics, 12(4), 825–836.