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Cannabis bei Rheuma – Was sagt die Evidenz?

Rheumatische Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Arthrose oder Spondyloarthritiden gehen häufig mit chronischen Schmerzen, Gelenksteifigkeit, Fatigue und Schlafstörungen einher. Trotz moderner krankheitsmodifizierender Therapien (DMARDs, Biologika) und Analgetika berichten viele Betroffene über unzureichende Symptomkontrolle oder unerwünschte Wirkungen der Standardmedikamente.

Vor diesem Hintergrund gewinnt der Anwendungsfall „Cannabis bei Rheuma“ an Interesse. Patient:innen nutzen Cannabisarzneien vor allem zur Schmerzlinderung und Verbesserung der Schlafqualität. Erste klinische Daten unterstützen diesen Ansatz: In einer randomisierten, doppelblinden Pilotstudie mit rheumatoider Arthritis verbesserte der THC/CBD-Spray Nabiximols Schmerz bei Bewegung, Ruheschmerz und Schlafqualität signifikant gegenüber Placebo (Blake et al. 2006, Rheumatology (Oxford) 45:50–52).

Zusätzlich zeigen Register- und Praxisdaten, dass medizinisches Cannabis bei chronischen Schmerzen – einschließlich rheumatischer Schmerzsyndrome – mit reduzierter Schmerzintensität und besserer Funktion assoziiert ist (Häuser et al. 2019, Schmerz 33(2):139–148).

Warum Cannabinoide bei Rheuma wirken könnten

Rheumatische Erkrankungen sind nicht nur schmerzassoziiert, sondern auch entzündlich geprägt. Das Endocannabinoid-System (ECS) ist sowohl in Schmerzbahnen als auch in Immunzellen aktiv und kann Nozizeption, Entzündungsprozesse und Immunantworten modulieren.

CB1-Rezeptoren befinden sich in peripheren und zentralen Neuronen und beeinflussen die Weiterleitung von Schmerzsignalen, CB2-Rezeptoren sitzen auf Immunzellen und hemmen dort proinflammatorische Zytokine. Lowin et al. (2019, Z Rheumatol 78:92–102) beschreiben, dass beide Rezeptorarten bei rheumatoider Arthritis und anderen Autoimmunprozessen hochreguliert sind und damit potenzielle Angriffspunkte für Cannabinoide bieten.

Präklinisch konnte CBD in einem Arthritis-Tiermodell die Gelenkentzündung und Schmerzverhalten signifikant reduzieren (Malfait et al. 2000, PNAS 97:9561–9566). Auch topisch appliziertes CBD linderte in einem OA-Modell Schmerzen und Entzündungsmarker (Hammell et al. 2016, Eur J Pain 20:936–948).

THC als CB1-Agonist wirkt vor allem analgetisch und muskelentspannend, während CBD zusätzlich entzündungshemmende und immunmodulierende Effekte über nicht-CB1/CB2-Zielstrukturen entfalten kann. In THC/CBD-Kombinationen wie Nabiximols ergibt sich dadurch ein doppelter Ansatz: Schmerzlinderung und potenzielle Beeinflussung entzündlicher Prozesse.

Studienlage

Pilotstudie bei rheumatoider Arthritis:

Blake et al. (2006, Rheumatology (Oxford) 45:50–52) führten eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Pilotstudie mit 58 Patient:innen mit aktiver rheumatoider Arthritis durch. Über fünf Wochen erhielten sie entweder Nabiximols (THC/CBD-Spray) oder Placebo zusätzlich zur Standardtherapie. Ergebnis: signifikant weniger Schmerz bei Bewegung, weniger Ruheschmerz und verbesserte Schlafqualität in der Verumgruppe; der Disease Activity Score (DAS28) blieb unverändert.

Analgetische Effekte in verwandten Kollektiven:

Serpell et al. (2014, Eur J Pain 18:721–731) untersuchten Nabiximols bei peripherer Neuropathie. Sie fanden moderate Schmerzreduktionen und Verbesserungen von Schlaf und Lebensqualität – Daten, die die analgetische Wirkung auch bei anderen chronischen Schmerzzuständen stützen.

Register- und Praxisdaten:

Häuser et al. (2019, Schmerz 33(2):139–148) analysierten eine große deutsche Kohorte von Patient:innen mit medizinischem Cannabis. In der Subgruppe mit rheumatischen Schmerzsyndromen berichteten viele über relevante Schmerzreduktionen und Funktionsverbesserungen im Alltag.

Systematische Übersichten/Leitlinien:

Fitzcharles et al. (2020, Arthritis Care & Research 72:5–16) fassen zusammen, dass Cannabinoide bei rheumatischen Erkrankungen vor allem für Schmerzlinderung untersucht sind. Für Entzündungsaktivität und Strukturerhalt gibt es bislang keine belastbaren Daten. Mücke et al. (2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182) bestätigen einen kleinen bis mittleren Effekt auf chronische Schmerzen, weisen aber auf heterogene Studiendesigns und kurze Dauer hin.

Einordnung:

Die bisher beste Evidenz liegt für Schmerz- und Schlafverbesserung bei RA vor (Blake 2006). Effekte auf Entzündungsparameter sind bisher nicht nachgewiesen. Für andere rheumatische Erkrankungen gibt es nur Beobachtungsdaten.

Sicherheit und Nebenwirkungen

THC/CBD-Spray (Nabiximols) bei RA:

In der Pilotstudie von Blake et al. (2006, Rheumatology (Oxford) 45:50–52) waren die häufigsten unerwünschten Wirkungen Schwindel, Müdigkeit, Mundtrockenheit und gelegentlich leichte gastrointestinale Beschwerden. Sie traten überwiegend in den ersten Wochen auf, waren meist mild bis moderat und gingen bei weiterer Anwendung zurück. Es gab keine schweren therapiebedingten Ereignisse.

CBD – präklinisch/topisch:

In den präklinischen Arthritis-Modellen mit oralem oder topischem CBD (Malfait et al. 2000, PNAS 97:9561–9566; Hammell et al. 2016, Eur J Pain 20:936–948) wurden keine gravierenden Nebenwirkungen berichtet. Übertragbarkeit auf den Menschen ist jedoch begrenzt.

Typische THC-Nebenwirkungen:

Aus größeren Cannabinoidstudien zu chronischen Schmerzen (Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182; Serpell et al. 2014, Eur J Pain 18:721–731) sind Schläfrigkeit, Schwindel, Benommenheit, Mundtrockenheit und Übelkeit als die häufigsten Nebenwirkungen bekannt. THC-haltige Präparate können außerdem kurzfristig Aufmerksamkeit und Reaktionszeit beeinträchtigen und bei entsprechender Anfälligkeit Angst/Dysphorie auslösen.

CBD-dominante Präparate:

Werden in der Regel gut vertragen. In hohen Dosen kann es zu Müdigkeit, gastrointestinalen Beschwerden oder Leberenzymerhöhungen kommen, vor allem bei Komedikation (Devinsky et al. 2017, N Engl J Med 376:2011–2020).

Interaktionen & Vorsichtspunkte:

Additive Sedierung bei gleichzeitiger Einnahme von Opioiden, NSAR + Antihistaminika oder Benzodiazepinen (Mücke et al. 2018).
CYP-Interaktionen (CBD): Hemmung von CYP2C19/CYP3A4 kann Spiegel anderer Medikamente verändern; ggf. Leberwerte kontrollieren (Devinsky et al. 2017).
– Unter THC-haltigen Präparaten: bis zur stabilen Einstellung kein Führen von Fahrzeugen.

Einordnung:

Das Nebenwirkungsprofil bei Rheuma-Studien ist überwiegend mild bis moderat, dosisabhängig und durch langsame Titration und abendliche Gabe gut steuerbar. Langzeitsicherheitsdaten speziell für rheumatische Erkrankungen fehlen bislang.

Off-Label-Use und offene Forschungsfragen

Für rheumatoide Arthritis, Arthrose und Spondyloarthritiden gibt es kein zugelassenes Cannabisarzneimittel. Der Einsatz erfolgt off-label und stützt sich klinisch vor allem auf eine kleine RCT bei RA (Nabiximols) sowie Register-/Praxisdaten; belastbare Nachweise für Effekte auf Entzündungsaktivität oder Strukturschaden fehlen (Blake et al. 2006, Rheumatology (Oxford) 45:50–52; Häuser et al. 2019, Schmerz 33:139–148; Fitzcharles et al. 2020, Arthritis Care & Research 72:5–16).

Offene Fragen:

  • Wirksamkeit über Schmerz hinaus: Bisherige Daten zeigen Schmerz- und Schlafverbesserung, aber keinen gesicherten Effekt auf DAS28/Inflammation oder radiologische Progression (Blake et al. 2006, Rheumatology (Oxford) 45:50–52; Fitzcharles et al. 2020, Arthritis Care & Research 72:5–16).
  • Präparate & Dosis: Unklar, welche Wirkstoffprofile (THC-dominant, CBD-dominant, Kombination) und Applikationsformen (Spray, Extrakt, Inhalat, topisch) bei welchen rheumatischen Entitäten optimal sind; standardisierte Titrationsschemata fehlen (Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182; Lowin et al. 2019, Z Rheumatol 78:92–102).
  • Langzeitwirksamkeit & -sicherheit: Die meisten Studien sind kurzfristig; Daten zu Monaten/Jahren, Toleranzentwicklung, kognitiven Effekten, Verkehrssicherheit und Abhängigkeitspotenzial sind begrenzt (Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182).
  • Kombination mit DMARDs/Biologika: Es fehlen kontrollierte Daten zur Interaktion mit Methotrexat, JAK-Inhibitoren oder Biologika und zu opiat-sparenden Effekten (Fitzcharles et al. 2020, Arthritis Care & Research 72:5–16; Bellnier et al. 2018, Clin J Pain 34:499–504).
  • Topische Anwendungen: Präklinisch wirksam (OA-Modell), aber klinische RCTs zu topischem CBD bei RA/OA stehen aus (Hammell et al. 2016, Eur J Pain 20:936–948).
  • Patient:innen-Selektion: Wer profitiert (z. B. schmerzdominante Verläufe, Schlafstörungen, Komorbid-Schmerz) und bei wem Risiken überwiegen, ist nicht definiert (Häuser et al. 2019, Schmerz 33:139–148).

Konsequenz: Bis robuste Evidenz vorliegt, bleibt der Einsatz bei Rheuma einzelfallbasiert mit niedrigen Startdosen, langsamer Titration und engmaschiger Kontrolle; idealerweise im Rahmen standardisierter Evaluationspfade (z. B. Schmerz-/Funktions-PROs, DAS28) (Fitzcharles et al. 2020, Arthritis Care & Research 72:5–16; Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182).

Datenlage

Die derzeitigen Daten sprechen für Schmerz- und Schlafverbesserungen unter THC/CBD-Kombinationen bei rheumatischen Schmerzen – am stärksten gestützt durch die randomisierte Pilotstudie bei RA (Nabiximols) mit Verbesserungen bei Bewegungs- und Ruheschmerz sowie Schlaf (Blake et al. 2006, Rheumatology (Oxford) 45:50–52). Praxis-/Registerdaten deuten ebenfalls auf Schmerzreduktion und Funktionsgewinn hin (Häuser et al. 2019, Schmerz 33:139–148).

Für Entzündungsaktivität und Strukturerhalt gibt es keine belastbaren klinischen Nachweise; Leitlinien und Reviews empfehlen daher Zurückhaltung und sehen Cannabinoide vorrangig als analgetische Zusatzoption (Fitzcharles et al. 2020, Arthritis Care & Research 72:5–16; Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182).

Sicherheit: Häufig sind Schwindel, Müdigkeit, Mundtrockenheit; THC-bedingt können kognitive Verlangsamung und Angst/Dysphorie auftreten. CBD ist meist gut verträglich, kann in hohen Dosen Leberenzyme erhöhen (Devinsky et al. 2017, N Engl J Med 376:2011–2020). Nebenwirkungen sind dosisabhängig und lassen sich durch niedrige Startdosen, langsame Titration und abendliche Gabe reduzieren.

Einordnung: Es gibt kein zugelassenes Cannabisarzneimittel für RA/OA/Spondyloarthritis. Der Einsatz bleibt off-label und sollte individuell, unter ärztlicher Kontrolle und mit standardisierter Outcome-Erfassung (z. B. Schmerz-PROs, Schlaf, Funktion; bei RA zusätzlich DAS28) erfolgen. Erforderlich sind große, placebokontrollierte RCTs zu Wirksamkeit, Langzeitsicherheit, Dosis/Präparatwahl und Kombination mit DMARDs (Fitzcharles et al. 2020; Mücke et al. 2018).

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