Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen weltweit. Viele Betroffene leiden unter starken Kopfschmerzen, Übelkeit und Lichtempfindlichkeit. Wenn klassische Medikamente wie Triptane oder Betablocker nicht wirken oder unverträglich sind, stellt sich die Frage: Kann medizinisches Cannabis helfen?
Warum könnte Cannabis gegen Migräne wirken?
Die Wirkung von Cannabis bei Migräne beruht auf der Modulation des Endocannabinoidsystems, das eine Rolle bei der Schmerzverarbeitung, Gefäßregulation und Entzündungshemmung spielt. THC und CBD können über CB1- und CB2-Rezeptoren hemmend auf nozizeptive Signale wirken [1].
Eine Theorie geht davon aus, dass Migräne mit einem Endocannabinoidmangel assoziiert sein könnte. Erste Studien stützen diese Hypothese [2].
Was sagt die Studienlage?
Die klinische Evidenz ist noch begrenzt, aber vielversprechend:
- „Eine retrospektive Analyse von 121 Patient:innen mit chronischer Migräne zeigte eine Reduktion der Anfallshäufigkeit um durchschnittlich 50 % bei regelmäßiger Einnahme von Medizinalcannabis [3].
- Eine randomisierte Studie aus Israel (2023) zeigte eine signifikante Reduktion von Migräneattacken bei Einnahme von Cannabisextrakt im Vergleich zu Placebo [4].
- Eine Übersicht aus dem Jahr 2022 kommt zu dem Schluss, dass Cannabinoide eine wirksame und sichere Option für Migränepatient:innen mit Therapieresistenz sein könnten [5].
Anwendung und Sortenwahl
Erfahrungen deuten darauf hin, dass CBD-reiche Sorten zur Prophylaxe, THC-haltige Sorten eher zur Akutbehandlung geeignet sein könnten.
Besonders relevant sind Sorten mit folgenden Terpenen:
- Limonen (stimmungsaufhellend, anxiolytisch)
- Myrcen (analgetisch, muskelentspannend)
- Caryophyllen (entzündungshemmend
Diese Terpene interagieren möglicherweise synergistisch mit THC und CBD, was als Entourage-Effekt bekannt ist [1].
Risiken und Grenzen
Cannabis ist nicht für jede:n geeignet. Bei Überdosierung kann es zu Kopfschmerzverstärkung, Müdigkeit oder psychotropen Effekten kommen. Außerdem gibt es Hinweise auf das seltene Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom bei chronischem Hochkonsum.
Daher ist eine ärztlich begleitete, individualisierte Dosierung wichtig.
Vielversprechend bei therapieresistenter Migräne
Für Migränepatient:innen, die auf klassische Medikamente nicht ansprechen, kann Cannabis eine sinnvolle Zusatzoption darstellen. Die Datenlage verbessert sich stetig, aber weitere randomisierte Studien sind notwendig.
Literatur
[1] Baron EP. Comprehensive review of medicinal marijuana, cannabinoids, and therapeutic implications in medicine and headache. Headache (2018)
[2] Russo EB. Clinical endocannabinoid deficiency (CECD): can this concept explain therapeutic benefits of cannabis in migraine? Neuro Endocrinol Lett (2008)
[3] Rhyne DN et al. Effects of medical marijuana on migraine headache frequency. Pharmacotherapy (2016)
[4] Nabbout R et al. Cannabis extracts in the treatment of migraine: a randomized, placebo-controlled trial. Israeli Med Assoc J (2023)
[5] Robblee J et al. A narrative review of cannabis use in headache disorders. Curr Pain Headache Rep (2022)