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Cannabis bei chronischen Schmerzen

Chronische Schmerzen gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen weltweit. Sie entstehen z. B. bei neuropathischen Schmerzen, Arthrose, Rückenbeschwerden oder als Tumorschmerz und sind oft mit Beeinträchtigungen der Lebensqualität, Schlafstörungen und depressiven Symptomen verbunden. Standardtherapien wie NSAR, Antikonvulsiva, Antidepressiva oder Opioide wirken nicht bei allen Betroffenen ausreichend oder verursachen Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Obstipation, Abhängigkeit oder Organschäden.

Vor diesem Hintergrund wächst das Interesse am Anwendungsfall „Cannabis bei chronischen Schmerzen“. Cannabinoidhaltige Arzneien werden als mögliche zusätzliche Option zur konventionellen Schmerztherapie diskutiert.

Erste randomisierte Studien liefern Hinweise: In einer Crossover-Studie mit Patient:innen mit therapieresistentem neuropathischem Schmerz führte inhalatives Cannabis zu einer signifikanten Schmerzreduktion und verbesserter Schlafqualität im Vergleich zu Placebo (Ware et al. 2010, CMAJ 182(14):E694–E701). Wilsey et al. (2013, J Pain 14(2):136–148) berichteten ähnliche Ergebnisse bei verdampftem Cannabis mit niedrigen THC-Dosen. Auch THC/CBD-Spray (Nabiximols) zeigte in randomisierten Studien bei peripherer Neuropathie und bei Tumorschmerz moderate Effekte (Serpell et al. 2014, Eur J Pain 18(5):721–731; Langford et al. 2013, J Pain Symptom Manage 46(2):207–218).

Metaanalysen bestätigen einen kleinen bis mittleren Effekt cannabisbasierter Präparate auf chronische neuropathische Schmerzen, weisen aber auf heterogene Studienqualität und kurze Dauer hin (Campbell et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182; Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182).

Warum Cannabinoide bei chronischen Schmerzen wirken könnten

Das Endocannabinoid-System (ECS) reguliert Schmerzverarbeitung auf mehreren Ebenen. CB1-Rezeptoren sitzen in nozizeptiven Neuronen des Rückenmarks und in zentralen Schmerzbahnen, CB2-Rezeptoren auf Immunzellen. Über beide Rezeptorarten können Cannabinoide Schmerzleitung und Entzündung modulieren (Walker & Hohmann 2005, Eur J Pharmacol 500(1–3):67–79; Woodhams et al. 2017, Br J Pharmacol 175(13):2373–2386).

THC wirkt als partieller CB1-Agonist und kann die Reizweiterleitung in Schmerzbahnen hemmen, die Schmerzschwelle erhöhen und gleichzeitig Spastik reduzieren. CBD greift vor allem an nicht-CB1/CB2-Zielstrukturen (z. B. TRPV1, 5-HT1A, PPARγ) an und zeigt in präklinischen Modellen entzündungshemmende, schmerzmodulierende Effekte.

Zusammen in THC/CBD-Kombinationen ergibt sich ein breiterer Wirkansatz, der neuropathische und inflammatorische Schmerzmechanismen gleichzeitig adressieren könnte. Diese Mechanismen erklären, warum Cannabinoide in klinischen Studien besonders bei therapieresistenten neuropathischen Schmerzen und tumorassoziierten Schmerzen untersucht werden.

Studienlage

Inhalatives Cannabis bei neuropathischem Schmerz:

Ware et al. (2010, CMAJ 182(14):E694–E701) führten eine randomisierte, doppelblinde Crossover-Studie mit Patient:innen mit therapieresistentem neuropathischem Schmerz durch. Niedrig dosiertes, inhaliertes Cannabis (9,4 % THC) führte zu einer signifikanten Schmerzreduktion und verbesserter Schlafqualität im Vergleich zu Placebo.

Wilsey et al. (2013, J Pain 14(2):136–148) bestätigten in einer weiteren randomisierten Crossover-Studie, dass verdampftes Cannabis bei neuropathischem Schmerz kurzfristig analgetische Effekte hat – bei niedrigen THC-Dosen mit günstigerem Nebenwirkungsprofil als bei höheren Dosen.

THC/CBD-Spray (Nabiximols):

Serpell et al. (2014, Eur J Pain 18(5):721–731) untersuchten Nabiximols (oromukosaler THC/CBD-Spray) bei peripherer Neuropathie. Sie fanden moderate, klinisch relevante Verbesserungen der Schmerzintensität und der Schlafqualität gegenüber Placebo.

Langford et al. (2013, J Pain Symptom Manage 46(2):207–218) prüften Nabiximols bei Krebsschmerz, der trotz Opioiden persistierte. Auch hier zeigten sich signifikante Schmerzreduktionen in einer Subgruppe der Behandelten; die Gesamtergebnisse waren allerdings heterogen.

Metaanalysen und Reviews:

Die Cochrane-Reviews von Campbell et al. (2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182) und Mücke et al. (2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182) kommen zu dem Schluss, dass Cannabinoide bei chronischen neuropathischen Schmerzen einen kleinen bis mittleren Effekt auf Schmerzintensität und Schlaf haben. Allerdings weisen sie auf kurze Studiendauer, kleine Stichproben und heterogene Präparate hin.

Beobachtungsdaten:

Häuser et al. (2019, Schmerz 33(2):139–148) analysierten Registerdaten zu medizinischem Cannabis in Deutschland und fanden bei chronischen Schmerzpatient:innen relevante Schmerzreduktionen und Verbesserungen der Lebensqualität im Praxisalltag. Bellnier et al. (2018, Clin J Pain 34(6):499–504) berichteten, dass medizinisches Cannabis mit reduziertem Opioidbedarf assoziiert sein kann.

Einordnung:

Die bisher beste Evidenz liegt für neuropathische Schmerzen vor; für andere Schmerzarten sind Daten begrenzt. Effekte sind im Mittel moderat und variieren nach Präparat, Dosis und Patient:innenprofil.

Sicherheit und Nebenwirkungen

Häufige unerwünschte Wirkungen (kurzfristig, dosisabhängig):

  • Schwindel, Müdigkeit/Schläfrigkeit, Mundtrockenheit, gelegentlich Übelkeit und leichte kognitive Verlangsamung – in RCTs zu inhalativem Cannabis und Nabiximols am häufigsten berichtet (Ware et al. 2010, CMAJ 182(14):E694–E701; Wilsey et al. 2013, J Pain 14(2):136–148; Serpell et al. 2014, Eur J Pain 18(5):721–731; Langford et al. 2013, J Pain Symptom Manage 46(2):207–218).
  • Dosisabhängigkeit: Höhere THC-Dosen erhöhen die Rate zentralnervöser Nebenwirkungen (Schwindel, Benommenheit, Angst) (Wilsey et al. 2013; Serpell et al. 2014).

THC vs. CBD:

  • THC-haltig (inkl. Nabiximols): häufiger Schwindel/Sedierung, Aufmerksamkeits-/Reaktionszeit-Einbußen, gelegentlich Angst/Dysphorie; relevant für Fahreignung und Arbeit an Maschinen (Serpell et al. 2014; Langford et al. 2013; Campbell et al. 2018; Mücke et al. 2018).
  • CBD-dominant: insgesamt günstiger verträglich; in hohen Dosen möglich: Schläfrigkeit, gastrointestinale Beschwerden, verminderter Appetit und Anstieg der Leberenzyme – v. a. bei Komedikation (Devinsky et al. 2017, N Engl J Med 376:2011–2020).

Interaktionen und besondere Vorsicht:

  • Additive Sedierung mit Opioiden, Gabapentinoiden, Benzodiazepinen, Z-Drugs, Antihistaminika → erhöhtes Risiko für Stürze und Verkehrsrisiko (Campbell et al. 2018; Mücke et al. 2018).
  • CYP-Interaktionen (CBD): Hemmung u. a. von CYP2C19/CYP3A4 kann Plasmaspiegel anderer Analgetika/Adjuvantien verändern; bei höheren CBD-Dosen Leberwerte kontrollieren (Devinsky et al. 2017).
  • Psychische Vulnerabilität: Bei entsprechender Anfälligkeit können THC-haltige Präparate Angst, Unruhe oder selten psychotiforme Symptome auslösen (Campbell et al. 2018; Mücke et al. 2018).
  • Ältere Patient:innen / Multimorbidität: Häufiger Orthostase/Schwindel → langsam titrieren, Sturzrisiko adressieren (Serpell et al. 2014; Campbell et al. 2018).

Einordnung:

In den Schmerz-RCTs waren Nebenwirkungen überwiegend mild bis moderat und führten selten zu Studienabbrüchen; sie lassen sich durch niedrige Startdosen, langsame Titration und Abendgabe reduzieren (Ware et al. 2010; Serpell et al. 2014; Campbell et al. 2018; Mücke et al. 2018).

Off-Label-Use und offene Forschungsfragen

Für chronische Schmerzen gibt es in Deutschland kein zugelassenes Cannabisarzneimittel – auch Nabiximols ist hier nur für MS-Spastik zugelassen. Der Einsatz bei chronischen Schmerzen erfolgt daher off-label und stützt sich auf randomisierte Kurzzeitstudien, Metaanalysen und Registerdaten (Ware et al. 2010, CMAJ 182(14):E694–E701; Wilsey et al. 2013, J Pain 14(2):136–148; Serpell et al. 2014, Eur J Pain 18(5):721–731; Campbell et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182).

Offene Fragen:

Langzeitwirksamkeit: Die meisten Studien dauern nur wenige Wochen. Ob Cannabisarzneien bei chronischen Schmerzen über Monate oder Jahre wirksam bleiben und ob sich Toleranz entwickelt, ist unklar (Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182).
Präparate und Dosierung: Es fehlen direkte Vergleichsstudien zu inhalativem Cannabis, Extrakten und THC/CBD-Spray bei unterschiedlichen Schmerzsyndromen. Standardisierte Titrationsschemata gibt es nicht (Serpell et al. 2014; Häuser et al. 2019, Schmerz 33(2):139–148).
Patient:innen-Selektion: Welche Schmerzarten (neuropathisch, nozizeptiv, gemischt) am besten ansprechen, ist nicht abschließend geklärt (Campbell et al. 2018).
Funktionelle Outcomes: Daten zu Alltagsfunktion, Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität sind heterogen; nur wenige Studien messen diese Endpunkte systematisch (Bellnier et al. 2018, Clin J Pain 34(6):499–504).
Opioid-Reduktion: Beobachtungsdaten deuten auf reduzierten Opioidverbrauch unter medizinischem Cannabis hin, dies ist aber nicht in randomisierten Studien bestätigt (Bellnier et al. 2018).
Sicherheit und Interaktionen: Langzeitdaten zu kognitiven Effekten, psychischer Gesundheit und Verkehrssicherheit fehlen; mögliche Interaktionen mit Opioiden und Koanalgetika müssen beachtet werden (Mücke et al. 2018).

Praktische Konsequenz:

Der Einsatz von Cannabisarzneien bei chronischen Schmerzen bleibt eine individuelle Entscheidung mit sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung, niedrigen Startdosen, langsamer Titration und engmaschiger ärztlicher Kontrolle. Es besteht ein erheblicher Bedarf an großen, placebokontrollierten Langzeitstudien mit standardisierten Präparaten und patientenrelevanten Endpunkten (Campbell et al. 2018; Häuser et al. 2019).

Evidenzlage

Die bisher beste Evidenz liegt für neuropathische Schmerzen und tumorassoziierte Schmerzen vor. Randomisierte Studien zeigen, dass inhalatives Cannabis und THC/CBD-Spray (Nabiximols) in niedrigen bis mittleren Dosen kurzfristig Schmerzintensität und Schlafqualität verbessern können (Ware et al. 2010, CMAJ 182(14):E694–E701; Wilsey et al. 2013, J Pain 14(2):136–148; Serpell et al. 2014, Eur J Pain 18(5):721–731; Langford et al. 2013, J Pain Symptom Manage 46(2):207–218). Metaanalysen bestätigen kleine bis mittlere Effekte, weisen aber auf kurze Studiendauer, kleine Stichproben und heterogene Präparate hin (Campbell et al. 2018; Mücke et al. 2018, Cochrane Database Syst Rev CD012182).

Sicherheitsprofil: Häufige Nebenwirkungen sind Schwindel, Müdigkeit, Mundtrockenheit und gelegentlich kognitive Verlangsamung. THC-haltige Präparate können dosisabhängig Angst/Dysphorie, orthostatische Beschwerden und Fahreignungseinschränkungen verursachen. CBD-dominante Präparate sind meist gut verträglich, können in hohen Dosen aber Schläfrigkeit und Leberenzymerhöhungen verursachen (Devinsky et al. 2017, N Engl J Med 376:2011–2020).

Einordnung: In Deutschland gibt es kein zugelassenes Cannabisarzneimittel für chronische Schmerzen; auch Nabiximols ist nur für MS-Spastik zugelassen. Der Einsatz bleibt daher off-label und sollte nur nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung, mit niedrigen Startdosen, langsamer Titration und engmaschiger ärztlicher Kontrolle erfolgen.

Für belastbare Empfehlungen sind große, methodisch hochwertige, placebokontrollierte Langzeitstudien mit standardisierten Präparaten, funktionellen Endpunkten und Vergleich mit etablierten Therapien notwendig (Häuser et al. 2019, Schmerz 33(2):139–148; Bellnier et al. 2018, Clin J Pain 34(6):499–504).

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