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Cannabis als Medizin – Wie wirksam ist es wirklich?

Medizinisches Cannabis erlebt seit einigen Jahren einen Aufschwung – nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch in der klinischen Anwendung. Doch wie wirksam ist Cannabis als Medikament wirklich? Was sagen hochwertige Studien zur Behandlung chronischer Krankheiten mit THC, CBD & Co.? In diesem Beitrag liefern wir eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung – verständlich aufbereitet.

Cannabis – Wundermittel oder evidenzbasierte Therapie?

Die Wirkung von Cannabis in der Medizin beruht auf dem sogenannten Endocannabinoid-System. Dieses reguliert zentrale Prozesse wie Schmerzempfinden, Appetit, Stimmung und Schlaf. Hauptwirkstoffe der Pflanze sind – neben Terpenen – vor allem Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), die an CB1- und CB2-Rezeptoren binden [1].

Die medizinische Anwendung zielt häufig nicht auf eine Heilung, sondern auf eine spürbare Linderung schwer therapierbarer Symptome. Studien zeigen, dass besonders Multisymptom-Patient:innen profitieren: Etwa bei gleichzeitigen Schmerzen, Schlafstörungen, depressiver Stimmung und Appetitverlust [2].

Für welche Erkrankungen ist die Wirkung wissenschaftlich belegt?

Chronische Schmerzen

Eine Metaanalyse der Cochrane Collaboration zeigt: Cannabisbasierte Medikamente können bei chronischen Nervenschmerzen eine moderate Schmerzlinderung erzielen. Die mittlere Schmerzintensität sank signifikant gegenüber Placebo (standardisierte Mittelwertdifferenz SMD: –0,61) [3]. Auch eine große Review aus 2023 mit über 20 RCTs ergab eine Verbesserung um 0,43 Punkte auf einer 0–10-NRS [4].

Spastik bei Multipler Sklerose (MS)

Für Spastik bei MS ist die Datenlage robust: Fünf hochwertige Studien mit dem THC/CBD-Präparat Nabiximols zeigen signifikante Verbesserungen im Vergleich zu Placebo [5]. Die subjektiv empfundene Spastikreduktion fiel stärker aus als objektive Messwerte – was klinisch aber oft entscheidend ist.

Appetitverlust und Übelkeit

Bei HIV/Aids sowie Krebspatient:innen unter Chemotherapie sind Cannabinoide zur Appetitanregung und gegen Übelkeit wirksam. Die Wirkstärke ist vergleichbar mit klassischen Antiemetika – jedoch mit teilweise besserer Verträglichkeit [6].

Wo Cannabis helfen kann – aber noch mehr Forschung nötig ist

Neben den etablierten Anwendungsfällen gibt es eine Vielzahl weiterer Anwendungsgebiete mit vielversprechenden Einzelfallberichten oder offenen Studien:

  • PTBS: Hinweise auf anxiolytische Wirkung, jedoch heterogene Studiendesigns
  • Tourette-Syndrom: Erste RCTs zeigen tendenzielle Tics-Reduktion, aber geringe Fallzahlen [7]
  • Schlafstörungen & Angststörungen: Positive Fallberichte, aktuell mehrere Studien in Phase II/III

Nebenwirkungen: Wie sicher ist medizinisches Cannabis?

Typische Nebenwirkungen betreffen zumeist das zentrale Nervensystem: Schwindel, Müdigkeit, Mundtrockenheit oder kognitive Einschränkungen sind möglich [4]. Eine systematische Übersicht von Barakji et al. (2023) zeigt jedoch: Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten unter Cannabis nicht häufiger auf als unter Placebo.

Absolute Kontraindikationen sind selten: Eine akute Psychose gilt als Ausschlusskriterium, ebenso schwere Herzrhythmusstörungen oder Schwangerschaft [2].

Wo steht die medizinische Cannabistherapie heute?

Cannabis ist in bestimmten Fällen eine fundierte, medizinisch vertretbare Therapieoption. Die besten Daten liegen für chronische Schmerzen und Spastik bei MS vor, gefolgt von Appetitmangel und Übelkeit bei schweren Erkrankungen.

Die klinische Wirksamkeit variiert jedoch individuell. Eine verantwortungsvolle Verschreibung und engmaschige ärztliche Begleitung sind Voraussetzung für den Erfolg.

Literatur

[1] Lutz B. Das Endocannabinoid-System. In: Müller-Vahl KR, Grotenhermen F (Hrsg.). Cannabis und Cannabinoide in der Medizin. MWV, 2. Aufl., 2024: 64–77.

[2] Müller-Vahl KR, Grotenhermen F. Indikationen für Cannabis. In: ebd.: 137–208.

[3] Hauser W, Petzke F, Fitzcharles MA. Efficacy, tolerability and safety of cannabis-based medicines for chronic pain: a systematic review of randomized controlled trials. Eur J Pain. 2018;22(3):455–470.

[4] Barakji J et al. Cannabinoids versus placebo for pain: a systematic review with meta-analysis. PLoS ONE. 2023;18(1):e0267420.

[5] Koppel BS et al. Systematic review: efficacy and safety of medical marijuana in selected neurologic disorders. Neurology. 2014;82(17):1556–1663.

[6] Tramer MR et al. Cannabinoids for control of chemotherapy-induced nausea and vomiting: quantitative systematic review. BMJ. 2001;323:16–21.

[7] Bilbao A, Spanagel R. Medical cannabinoids: pharmacology-based systematic review for indications including Tourette. BMC Med. 2022;20:259.