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Was ist THCV?

Chemische Eigenschaften und Abgrenzung zu THC

Tetrahydrocannabivarin (THCV) ist ein pflanzliches Cannabinoid, das strukturell eng mit Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) verwandt ist, sich jedoch in einem entscheidenden Punkt unterscheidet: Während THC eine Pentyl-Seitenkette (C5) trägt, besitzt THCV eine verkürzte Propyl-Seitenkette (C3). Diese kleine chemische Variation führt zu erheblichen Unterschieden in der pharmakologischen Wirkung, insbesondere in Bezug auf die Bindungsaffinität und das Verhalten an den Cannabinoidrezeptoren CB1 und CB2 [1].

Natürliches Vorkommen

THCV tritt in der Cannabispflanze nur in geringen Konzentrationen auf und ist besonders in afrikanischen Landrassen (z. B. aus Südafrika oder Lesotho) sowie einigen asiatischen Varietäten nachweisbar. In modernen Züchtungen, die vor allem auf hohen THC- oder CBD-Gehalt selektiert sind, ist der THCV-Anteil meist gering. Erst durch gezielte Forschung und neuere Selektions- und Hybridisierungsprogramme gewinnen THCV-reiche Sorten zunehmend an Bedeutung – sowohl im medizinischen als auch im kommerziellen Bereich [2].

Historische Entdeckung und aktuelle Relevanz

THCV wurde erstmals in den 1970er-Jahren identifiziert und beschrieben. Lange Zeit galt es als „Neben-Cannabinoid“, da sein Gehalt in den meisten Cannabis-Sorten verschwindend gering war. Mit der Entdeckung seiner potenziell einzigartigen Wirkmechanismen, insbesondere in Bezug auf Appetitkontrolle, Stoffwechsel und Neurologie, ist THCV jedoch in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der medizinischen Forschung gerückt. Klinische Studien zur Anwendung bei Diabetes Typ 2, Adipositas und neurologischen Erkrankungen befinden sich in der Entwicklung [3][4].

Wie wirkt THCV im Körper?

Bindung an CB1-/CB2-Rezeptoren

THCV weist ein dosisabhängiges Wirkprofil an den Cannabinoidrezeptoren auf: In niedrigen Dosen wirkt es am CB1-Rezeptor antagonistisch, das heißt, es blockiert die Wirkung von THC und endogenen Liganden. In höheren Dosen hingegen wechselt THCV zu einem partiellen Agonisten, wodurch es CB1-abhängige Signalkaskaden aktivieren kann [5]. Am CB2-Rezeptor verhält sich THCV als partieller Agonist, wodurch entzündungshemmende und immunmodulierende Effekte möglich sind [6].

Wirkung auf andere Targets

Neben den klassischen Cannabinoidrezeptoren beeinflusst THCV auch weitere molekulare Systeme:

  • TRP-Kanäle: Es moduliert TRPV1- und TRPA1-Kanäle, die eine Rolle in Schmerz- und Temperaturwahrnehmung spielen.
  • GPR55: THCV wirkt als Antagonist am „orphan receptor“ GPR55, der mit Bluthochdruck, Epilepsie und Tumorprogression in Verbindung gebracht wird [7].
  • 5-HT-Rezeptoren: Erste Hinweise deuten darauf hin, dass THCV indirekt auf das 5-HT1A-System einwirken könnte, ähnlich wie CBD, was mögliche Effekte auf Angst und Stimmung erklären könnte [8].

Unterschiede zu THC

Im Gegensatz zu THC, das in üblichen Dosen stark CB1-agonistisch wirkt und damit die typische Cannabis-Intoxikation hervorruft, ist THCV in niedrigen Dosen eher gegenläufig: Es kann die THC-Wirkung dämpfen oder sogar teilweise aufheben (z. B. bei Appetitsteigerung und psychoaktiven Effekten). In höheren Dosen treten eigene psychoaktive Effekte auf, die von Konsument:innen häufig als klarer, kürzer und weniger intensiv beschrieben werden als die THC-Wirkung [9].

Einfluss von Dosis und Applikationsform

Die pharmakologische Wirkung von THCV ist stark von der Dosis abhängig: Niedrig dosiert überwiegen die antagonistischen Effekte an CB1, während hoch dosiert agonistische Effekte sichtbar werden. Auch die Applikationsform (Inhalation vs. orale Einnahme) beeinflusst die Wirkung – inhalatives THCV führt zu einem raschen, aber kurz anhaltenden Effekt, während oral aufgenommenes THCV verzögert wirkt, aber möglicherweise länger anhält [10].

Medizinische Einsatzbereiche von THCV

Stoffwechsel & Adipositas

THCV wird intensiv in Bezug auf Stoffwechselerkrankungen untersucht. Präklinische Studien zeigen, dass es als Appetithemmstoff wirkt, indem es im niedrigen Dosisbereich antagonistisch am CB1-Rezeptor wirkt – im Gegensatz zu THC, das appetitsteigernd wirkt [11]. Erste klinische Daten deuten zudem auf eine Verbesserung der Glukosetoleranz und Insulinsensitivität bei Typ-2-Diabetes hin. In einer randomisierten Pilotstudie konnten positive Effekte auf die glykämische Kontrolle nachgewiesen werden, ohne relevante Nebenwirkungen [12]. Damit gilt THCV als ein möglicher Kandidat für die Entwicklung neuer Antidiabetika.

Neurologische Erkrankungen

Präklinische Daten legen nahe, dass THCV bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson oder Huntington eine neuroprotektive Wirkung entfalten könnte. In Tiermodellen wurden Verbesserungen von Motorik und Tremor beobachtet [13]. Auch bei Epilepsie zeigen erste Studien eine mögliche antikonvulsive Wirkung, wobei die Datenlage noch begrenzt ist [14].

Entzündungshemmung und Schmerz

Wie andere Cannabinoide besitzt THCV antiinflammatorische Eigenschaften, die über CB2-Interaktionen und TRP-Kanäle vermittelt werden. In präklinischen Modellen reduzierte es entzündliche Schmerzen sowie neuropathische Beschwerden [15]. Es könnte daher auch für Erkrankungen wie Arthritis oder neuropathische Schmerzsyndrome interessant werden.

Psychiatrische Ansätze

Ein viel diskutierter Bereich ist der mögliche Nutzen von THCV bei Angststörungen oder PTSD. Anders als THC, das Angstzustände verstärken kann, wurde in präklinischen Modellen gezeigt, dass THCV anxiolytische Effekte entfalten könnte – abhängig von Dosis und Rezeptorbindung [16]. Erste kleinere Humanstudien weisen in diese Richtung, sind aber noch nicht ausreichend für klare klinische Empfehlungen.

Weitere potenzielle Anwendungsfälle

Neben den genannten Bereichen wird THCV auch auf andere Anwendungen hin untersucht:

  • Suchtforschung: Studien deuten an, dass THCV die Belohnungsmechanismen modulieren und so Suchtverhalten (z. B. Nikotin, Alkohol) beeinflussen könnte [17].
  • Knochenstoffwechsel: Präklinische Daten zeigen, dass THCV den Knochenaufbau stimulieren und damit eine Rolle bei Osteoporose spielen könnte [18].
  • Glaukom und Augeninnendruck: Erste Hinweise deuten auf eine drucksenkende Wirkung hin, ähnlich wie bei THC, jedoch mit anderer Wirkungsweise [19].

Insgesamt zeigt sich, dass THCV in vielen Bereichen vielversprechende therapeutische Ansätze bietet – insbesondere im Stoffwechsel und bei neurologischen Erkrankungen. Allerdings befindet sich die Forschung noch überwiegend im präklinischen Stadium, sodass belastbare klinische Daten weitgehend fehlen.

Risiken und Nebenwirkungen von THCV

Kurzfristige Nebenwirkungen

Im Gegensatz zu THC gilt THCV als nur schwach psychoaktiv und weist ein anderes Nebenwirkungsprofil auf. Klinische Pilotstudien und präklinische Beobachtungen deuten darauf hin, dass es kurzfristig Unruhe, erhöhte Wachheit oder innere Anspannung auslösen kann, insbesondere bei höheren Dosen [20]. Häufig wird auch eine Appetitminderung beobachtet, die je nach therapeutischem Ziel erwünscht oder unerwünscht sein kann [21]. Andere typische Cannabinoid-Effekte wie Mundtrockenheit oder leichte Schläfrigkeit scheinen vergleichsweise selten aufzutreten.

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Wie andere Cannabinoide wird auch THCV über das Cytochrom-P450-Enzymsystem (CYP) metabolisiert. Insbesondere bei Patient:innen mit metabolischen Erkrankungen, die häufig Medikamente wie Metformin, Insulin oder Statine einnehmen, können Wechselwirkungen theoretisch relevant werden [22]. Bisher existieren nur wenige Daten, weshalb besondere Vorsicht bei Kombination mit Arzneimitteln, die über CYP3A4 oder CYP2C9 abgebaut werden, geboten ist.

Unsicherheit bei Langzeitanwendung

Zur Sicherheit und Verträglichkeit von THCV bei längerer oder chronischer Einnahme gibt es bislang keine belastbaren klinischen Daten. Die bisherige Studienlage umfasst kurze Beobachtungszeiträume mit geringen Probandenzahlen [23]. Fragen zur neuropsychischen Stabilität, Leberfunktion, metabolischen Sicherheit und potenziellen Abhängigkeit sind noch weitgehend ungeklärt. Solange keine größeren Humanstudien vorliegen, muss die Langzeitanwendung als experimentell eingestuft werden.

THCV weist ein anderes und teils gegensätzliches Nebenwirkungsprofil zu THC auf, scheint insgesamt gut verträglich, doch fehlen bislang verlässliche Daten zur Langzeitsicherheit.

Forschung & Zukunftsperspektiven

Aktuelle Studienlage

Die Forschung zu Tetrahydrocannabivarin (THCV) befindet sich noch in einer frühen Phase. Während zahlreiche präklinische Studien die Effekte von THCV auf Appetit, Stoffwechsel und Glukosekontrolle untersucht haben [24], gibt es bislang nur wenige klinische Arbeiten. Besonders hervorzuheben ist eine kleine randomisierte Studie bei Typ-2-Diabetes, in der THCV eine verbesserte Nüchternglukose und β-Zell-Funktion zeigte, ohne den Appetit oder das Gewicht wesentlich zu beeinflussen [25]. Auch im Bereich Adipositas und neurologische Erkrankungen (z. B. Tremor, Epilepsie) liegen erste präklinische Hinweise vor, die jedoch noch nicht auf die klinische Praxis übertragen werden können [26].

Offene Fragen

Viele zentrale Fragen sind derzeit noch unbeantwortet:

  • Dosisfindung: In niedrigen Dosen wirkt THCV am CB1-Rezeptor antagonistisch, in höheren Dosen agonistisch – dieser biphasische Effekt erschwert die klinische Anwendung [27].
  • Langzeitwirkungen: Es fehlen Daten zur Sicherheit bei dauerhafter Einnahme, insbesondere hinsichtlich kardiometabolischer und neuropsychologischer Effekte.
  • Regulatorische Einordnung: Da THCV strukturell dem THC verwandt ist, bleibt die rechtliche Bewertung in vielen Ländern uneinheitlich. In der EU und Deutschland ist THCV nicht ausdrücklich gelistet, kann aber als THC-Analogon in manchen Jurisdiktionen strenger reguliert werden.

Potenzial für neue Therapien

Trotz der offenen Fragen wird THCV als vielversprechender Wirkstoff betrachtet:

  • Metabolische Erkrankungen: Appetithemmung und positive Effekte auf die Glukosekontrolle machen es zu einem möglichen Kandidaten für Diabetes- und Adipositastherapien.
  • Neurologische Störungen: Erste Hinweise deuten auf neuroprotektive Eigenschaften hin, die bei Parkinson, Tremor und Epilepsie von Bedeutung sein könnten [28].
  • Lifestyle-Ansätze: Aufgrund der appetitzügelnden und antriebssteigernden Eigenschaften wird THCV auch im Bereich Gewichtsmanagement und Leistungsoptimierung diskutiert, wobei hier ethische und regulatorische Fragen eine Rolle spielen.

Insgesamt gilt THCV als ein „Minor Cannabinoid“ mit großem Zukunftspotenzial, dessen klinische Relevanz erst durch größere Humanstudien und eine klare regulatorische Einordnung gesichert werden kann.

 

Verwendete Quellen:

[1] Gill EW, Paton WDM, Pertwee RG. Preliminary experiments on the chemistry and pharmacology of cannabis. Nature. 1970.
[2] Pertwee RG. The diverse CB1 and CB2 receptor pharmacology of three plant cannabinoids: Δ9‐THC, cannabidiol and Δ9‐THCV. Br J Pharmacol. 2008.
[3] Thomas A, Stevenson LA, Wease KN et al. Evidence that the plant cannabinoid Δ9‐tetrahydrocannabivarin is a CB1 antagonist and CB2 partial agonist. Br J Pharmacol. 2005.
[4] Bolognini D, Costa B, Maione S et al. The plant cannabinoid Δ9‐tetrahydrocannabivarin can decrease signs of inflammation and inflammatory pain in mice. Br J Pharmacol. 2010.
[5] Wargent ET, Zaibi MS, Silvestri C et al. The cannabinoid Δ9‐THCV as a novel potential treatment for obesity. Nutrition & Diabetes. 2013.
[6] Jadoon KA, Ratcliffe SH, Barrett DA et al. Efficacy and safety of cannabidiol and tetrahydrocannabivarin on glycemic and lipid parameters in patients with type 2 diabetes: randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Diabetes Care. 2016.
[7] Riedel G, Fadda P, McKillop-Smith S et al. Synthetic and plant-derived cannabinoid receptor antagonists show differences in pharmacological profile. Br J Pharmacol. 2009.
[8] McPartland JM, Glass M, Pertwee RG. Meta-analysis of cannabinoid ligand binding affinity and receptor distribution: CB1 vs. CB2. PLoS One. 2007.
[9] Wargent ET, O’Dowd JF, Zaibi MS et al. The appetite-suppressing cannabinoid Δ9‐tetrahydrocannabivarin reduces body fat and improves lipid profiles in mice. Int J Obes. 2012.
[10] Silvestri C, Paris D, Martella A et al. Two non-psychoactive cannabinoids reduce intracellular lipid accumulation and inhibit macrophage inflammatory responses. FASEB J. 2015.
[11] García C, Palomo-Garo C, Gómez-Gálvez Y et al. Cannabinoid‐CB2 receptor agonist ameliorates movement disorders in an animal model of Huntington’s disease. Br J Pharmacol. 2011.
[12] Rock EM, Limebeer CL, Parker LA. Δ9‐Tetrahydrocannabivarin suppresses nausea and vomiting through CB1 receptor antagonism. Br J Pharmacol. 2011.
[13] Maresz K, Pryce G, Ponomarev ED et al. Direct suppression of CNS autoimmune inflammation via the cannabinoid receptor CB1 on neurons and CB2 on immune cells. Nat Med. 2007.
[14] Esposito G, De Filippis D, Carnuccio R et al. The marijuana component cannabivarin selectively inhibits inflammatory pathways. Mol Pharmacol. 2011.
[15] Izzo AA, Borrelli F, Capasso R et al. Non-psychotropic plant cannabinoids: new therapeutic opportunities from an ancient herb. Trends Pharmacol Sci. 2009.
[16] Di Marzo V, Piscitelli F. The endocannabinoid system and its modulation by phytocannabinoids. Neurotherapeutics. 2015.
[17] Morales P, Hurst DP, Reggio PH. Molecular targets of the phytocannabinoids: a complex picture. Prog Chem Org Nat Prod. 2017.
[18] Bolognini D, Rock EM, Cluny NL et al. Cannabinoid modulation of nausea and vomiting: preclinical to clinical. Br J Pharmacol. 2013.
[19] Wilkinson JD, Williamson EM. Cannabinoids inhibit human keratinocyte proliferation through a non-CB1/CB2 mechanism. J Dermatol Sci. 2007.
[20] Starowicz K, Finn DP. Cannabinoids and pain: sites and mechanisms of action. Handb Exp Pharmacol. 2015.
[21] Van Winkel R, Kuepper R, van Os J et al. Early exposure to cannabis and risk of psychosis. Psychol Med. 2011.
[22] Englund A, Freeman TP, Murray RM et al. Can we make cannabis safer? Lancet Psychiatry. 2017.
[23] Pertwee RG. The pharmacology of cannabinoid receptors and their ligands: an overview. Int J Obes. 2006.
[24] Pertwee RG. Pharmacological actions of cannabinoids. Br J Pharmacol. 2008.
[25] Jadoon KA, Ratcliffe SH, Barrett DA et al. Randomized clinical trial of THCV in type 2 diabetes. Diabetes Care. 2016.
[26] Rock EM, Parker LA. Cannabinoid modulation of brainstem mechanisms of nausea. Br J Pharmacol. 2011.
[27] Pertwee RG. Cannabinoid pharmacology: the first 66 years. Handb Exp Pharmacol. 2015.
[28] García C, Gómez-Gálvez Y, Palomo-Garo C et al. Cannabinoid receptors in neurodegenerative disorders: therapeutic potential. Br J Pharmacol. 2011.

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