Chronisch-entzündliche Hauterkrankungen wie Psoriasis, Akne oder atopische Dermatitis (Neurodermitis) betreffen Millionen Menschen – häufig bereits im Kindes- oder Jugendalter. Sie führen nicht nur zu körperlichem Juckreiz, Schmerzen oder sichtbaren Hautveränderungen, sondern belasten viele Betroffene auch psychisch. Trotz verfügbarer Medikamente wie Kortikosteroiden, Immunmodulatoren oder Retinoiden ist die Therapie oft nicht nachhaltig wirksam oder geht mit Nebenwirkungen einher.
Vor diesem Hintergrund wächst das Interesse an alternativen Ansätzen – insbesondere an Cannabinoiden wie Cannabidiol (CBD) oder Cannabigerol (CBG), die in topischen Formulierungen wie Cremes oder Salben verwendet werden. Anders als das bekannte THC wirken diese Stoffe nicht psychoaktiv, entfalten aber vielfältige Effekte auf Entzündung, Talgproduktion, Juckreiz und Hautbarriere.
Wissenschaftliche Studien zeigen: Die Haut verfügt über ein eigenes Endocannabinoid-System (ECS), das in zahlreiche dermatologische Prozesse eingebunden ist – etwa die Zellneubildung in der Epidermis, die Talgdrüsenaktivität und die Regulation von Immunreaktionen. Cannabinoide könnten hier als modulierende Botenstoffe eingreifen – insbesondere bei Erkrankungen mit gestörter Hautbarriere und überaktiven Immunzellen.
In diesem Beitrag erläutern wir, wie das ECS in der Haut funktioniert, welche dermatologischen Krankheitsbilder besonders im Fokus stehen – und welche Evidenz es zur Wirkung von Cannabis-Inhaltsstoffen in der topischen Anwendung bereits gibt.
1. Das Endocannabinoid-System in der Haut
Das Endocannabinoid-System (ECS) ist nicht nur im zentralen Nervensystem und im Immunsystem aktiv – es spielt auch in der Haut eine wichtige physiologische Rolle. Studien zeigen, dass sowohl CB1- als auch CB2-Rezeptoren in verschiedenen Hautstrukturen exprimiert werden, darunter:
- Epidermis (Oberhaut),
- Haarfollikel,
- Talgdrüsen,
- Keratinozyten und Langerhans-Zellen (immunkompetente Zellen in der Haut) [1][2].
Diese Rezeptoren interagieren mit endogenen Liganden wie Anandamid (AEA) und 2-Arachidonoylglycerol (2-AG), die in der Haut selbst synthetisiert und abgebaut werden. Ihre Aufgaben umfassen unter anderem die Regulation von Zellproliferation, Differenzierung, Talgproduktion, Immunantworten und Juckreizmodulation.
Homöostase der Haut durch das ECS
Die Forschung spricht in diesem Zusammenhang von einer „Cutaneous Endocannabinoid System“ – einem Regulationsnetzwerk, das die Homöostase der Haut sichert, also die Aufrechterhaltung des funktionellen Gleichgewichts zwischen Zellwachstum, Abwehr und Hautbarriere [3].
Insbesondere die CB1-Rezeptoren in der Epidermis sind an der Modulation von Juckreiz und Schmerzsignalen beteiligt, während CB2-Rezeptoren stärker mit entzündungshemmenden Effekten verknüpft sind – etwa durch die Hemmung von Zytokinen wie TNF-α und IL-6 oder durch die Steuerung der Funktion dendritischer Hautzellen [4].
Bedeutung für entzündliche Hauterkrankungen
Dysregulationen im ECS wurden mit einer erhöhten Inzidenz entzündlicher Hauterkrankungen in Verbindung gebracht – darunter Psoriasis, atopische Dermatitis oder Akne. In präklinischen Modellen führte die topische Applikation von Cannabinoiden zu einer Normalisierung überaktiver Immunantworten, einer Reduktion der Keratinozyten-Proliferation und zu verbesserter Hautbarrierefunktion [5].
Diese Erkenntnisse legen nahe, dass das ECS in der Haut nicht nur existiert, sondern therapeutisch gezielt moduliert werden kann – insbesondere über nicht-psychotrope Cannabinoide wie CBD, die lokal angewendet kaum systemische Nebenwirkungen verursachen.
2. CBD gegen Akne – Talgregulierung und Entzündungshemmung
Akne vulgaris zählt zu den häufigsten Hauterkrankungen weltweit – insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Entstehung ist multifaktoriell: Neben genetischen und hormonellen Faktoren spielen überaktive Talgdrüsen, mikrobielle Besiedelung (insbesondere Cutibacterium acnes) und entzündliche Immunreaktionen eine zentrale Rolle. Genau hier setzt Cannabidiol (CBD) an – mit vielversprechenden Ergebnissen aus präklinischen Studien.
Hemmung der Talgproduktion durch CBD
Eine der wichtigsten Erkenntnisse: CBD kann direkt auf Sebozyten (Talgdrüsenzellen) wirken und dort die Lipidsynthese hemmen. In vitro-Experimente an humanen Sebozyten zeigten, dass CBD dosisabhängig die Produktion von Sebum (Hauttalg) unterdrückt – ohne dabei toxisch zu wirken [6].
Der Mechanismus verläuft über die Aktivierung des TRPV4-Ionenkanals (Transient Receptor Potential Vanilloid 4), was zu einer Normalisierung der Zellfunktion führt. Damit unterscheidet sich CBD von klassischen Akne-Therapeutika, die häufig auf Retinoiden oder Antibiotika basieren.
Antientzündliche Effekte über Zytokinhemmung
Neben der talgregulierenden Wirkung entfaltet CBD auch antientzündliche Eigenschaften: Es hemmt nachweislich die Expression proinflammatorischer Zytokine wie TNF-α, IL-1β und IL-6, die an der Ausbildung entzündlicher Papeln und Pusteln beteiligt sind [7].
Dabei agiert CBD unabhängig von klassischen Cannabinoidrezeptoren – vielmehr sind TRPV-Kanäle, PPARγ und A2A-Adenosinrezeptoren beteiligt, die allesamt in die Steuerung der Hautimmunität eingebunden sind. Dieser multimodale Wirkansatz macht CBD zu einem interessanten Kandidaten für eine topische Aknebehandlung – insbesondere bei entzündlich dominanten Verläufen.
Studienlage zur lokalen Anwendung
Die klinische Evidenz steckt noch in den Anfängen, aber erste Pilotstudien und Anwenderbeobachtungen deuten auf eine gute Verträglichkeit und milde Wirksamkeit hin. So zeigte eine offene Anwendungskohorte mit CBD-haltigem Serum bei leichter bis mittelschwerer Akne eine signifikante Reduktion der Läsionen sowie eine Verbesserung des Hautbilds nach vier Wochen [8].
Dennoch bleibt zu betonen: Topisches CBD ist derzeit nicht als Arzneimittel gegen Akne zugelassen. Eine begleitende Anwendung – insbesondere bei Unverträglichkeit konventioneller Therapien – kann aber in Rücksprache mit Fachpersonal erwogen werden.
3. Cannabis bei Psoriasis – Einfluss auf Proliferation & Immunantwort
Psoriasis vulgaris ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die durch eine Überaktivierung des Immunsystems und eine beschleunigte Proliferation der Keratinozyten (Hautzellen der Oberhaut) gekennzeichnet ist. Typisch sind scharf begrenzte, gerötete Plaques mit silbrig-weißer Schuppung. Neben genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren spielen entzündliche Botenstoffe wie TNF-α, Interleukin-17 (IL-17) und IL-23 eine zentrale Rolle in der Pathophysiologie – Zielstrukturen moderner Biologika. Doch auch Cannabinoide könnten in diesen Mechanismus eingreifen.
Cannabinoide hemmen Keratinozyten-Proliferation
Frühe in vitro-Studien haben gezeigt, dass Cannabinoide – insbesondere CBD und THC – die Hyperproliferation von Keratinozyten hemmen können [9]. Dieser Effekt scheint unabhängig von den klassischen CB1- und CB2-Rezeptoren zu sein und verläuft stattdessen über nicht-kanonische Signalwege, z. B. über den TRPV1-Kanal oder PPARγ-Rezeptoren. Dadurch wird die übermäßige Zellneubildung, die zur typischen Schuppung bei Psoriasis führt, gezielt gehemmt – ohne die Hautbarriere zu schädigen.
Immunmodulation über CB2 und entzündungshemmende Signalwege
Darüber hinaus konnten antiinflammatorische Effekte von Cannabinoiden nachgewiesen werden, insbesondere durch die Aktivierung von CB2-Rezeptoren auf dendritischen Zellen und T-Zellen. Dies führt zur Reduktion proinflammatorischer Zytokine wie IL-17 und TNF-α – beides Schlüsselfaktoren im psoriatischen Entzündungsgeschehen [10].
CBD wirkt zusätzlich über die Hemmung des NF-κB-Signalwegs, der in der Entzündungsreaktion vieler Autoimmunerkrankungen zentral ist. Durch diese Doppelwirkung – Zellregulation und Immunmodulation – ergibt sich ein vielversprechender therapeutischer Ansatz.
Hinweise auf klinischen Nutzen bei topischer Anwendung
In kleineren Anwendungsstudien wurde der topische Einsatz von CBD-haltigen Salben bei Patient:innen mit leichter bis moderater Psoriasis untersucht. Dabei zeigte sich nach einigen Wochen eine deutliche Abnahme von Erythem, Juckreiz und Schuppung [11]. Auch THCA (Tetrahydrocannabinolsäure) – die nicht-psychotrope Vorstufe von THC – konnte in Tiermodellen eine antientzündliche Wirkung auf psoriatische Hautareale entfalten [12].
Dennoch bleibt festzuhalten: CBD-Produkte sind bislang nicht als Arzneimittel bei Psoriasis zugelassen, und die Datenlage basiert meist auf Beobachtungen oder präklinischen Modellen. Für eine evidenzbasierte Anwendung sind größere, placebokontrollierte Studien erforderlich.
4. Atopische Dermatitis und das ECS
Die atopische Dermatitis (Neurodermitis) ist eine chronisch-rezidivierende Hauterkrankung, die durch Juckreiz, trockene Haut und eine gestörte Hautbarrierefunktion geprägt ist. Immunologisch dominiert eine Th2-vermittelte Entzündungsreaktion mit erhöhter Ausschüttung von Interleukin-4 (IL-4), IL-13 und IL-31 – letzteres gilt als Hauptverantwortlicher für den quälenden Pruritus.
Das ECS als Juckreiz- und Immunmodulator
Das Endocannabinoid-System ist in der Haut von Menschen mit atopischer Dermatitis verändert: Studien zeigen eine herabgesetzte Expression von CB1-Rezeptoren, was mit einer verstärkten Entzündungsaktivität und erhöhter Neigung zu Juckreiz korreliert [13]. Gleichzeitig ist das endogene Cannabinoid Anandamid an der Hemmung von Mastzellaktivität beteiligt – einer Schlüsselkomponente in der Pathophysiologie des atopischen Ekzems.
Eine Aktivierung von CB1-Rezeptoren durch exogene Cannabinoide wie CBD kann die Freisetzung von IL-31 reduzieren, die Mastzell-Degranulation hemmen und die Reizweiterleitung über sensible Hautnerven verringern [14]. Das Ergebnis: Weniger Entzündung, geringerer Juckreiz, verbesserte Barrierefunktion.
Kombination mit klassischen Basistherapien sinnvoll
Auch wenn Cannabinoide nicht als Ersatz für Kortikosteroide oder Calcineurin-Inhibitoren gedacht sind, können sie topisch angewendet eine sinnvolle Ergänzung zur Basistherapie darstellen. Erste Untersuchungen belegen, dass CBD-haltige Cremes den TEWL-Wert (transepidermaler Wasserverlust) senken und die Hydratation der Haut verbessern können – ein zentraler Aspekt der Therapie bei Neurodermitis [15].
In einer Pilotstudie berichteten Patient:innen mit atopischer Dermatitis nach 2-wöchiger Anwendung einer CBD-haltigen Emulsion von deutlich weniger Juckreiz, besserer Schlafqualität und reduzierter Entzündung – bei sehr guter Verträglichkeit [16].
Bedarf an weiterer Forschung
Trotz vielversprechender Ergebnisse bleibt die Datenlage begrenzt. Viele Studien basieren auf kleinen Fallzahlen oder fehlen ganz für spezielle Wirkstoffe wie Cannabigerol (CBG) oder Cannabichromen (CBC), die ebenfalls antiinflammatorische Potenziale zeigen könnten. Auch standardisierte Formulierungen mit validierter Konzentration und Qualität fehlen bislang.
5. Cannabigerol (CBG) – Der unterschätzte Inhaltsstoff
Während CBD im Fokus zahlreicher dermatologischer Studien steht, gerät Cannabigerol (CBG) erst langsam ins wissenschaftliche Blickfeld – zu Unrecht. CBG ist das „Mutter-Cannabinoid“, aus dem THC, CBD und andere Cannabinoide biosynthetisch entstehen. Anders als THC wirkt es nicht psychoaktiv und besitzt vielversprechende pharmakologische Eigenschaften, die gerade bei Hauterkrankungen interessant sein könnten.
CBG: Entzündungshemmend, antioxidativ, antibakteriell
CBG zeigt in In-vitro-Studien eine deutliche Hemmung proinflammatorischer Zytokine wie TNF-α, IL-6 und IFN-γ – Signalstoffe, die bei Psoriasis, Akne und Neurodermitis eine zentrale Rolle spielen [17]. Es beeinflusst zudem die Aktivität von Keratinocyten und kann die Überproduktion von Hautzellen bremsen – ein Mechanismus, der bei Schuppenflechte relevant ist.
Ein weiterer Vorteil: CBG wirkt antibakteriell, insbesondere gegen Cutibacterium acnes – dem Hauptkeim bei entzündlicher Akne. Auch gegenüber antibiotikaresistenten Bakterien wie MRSA zeigte CBG in präklinischen Studien bemerkenswerte Effekte [18].
Erste Anwendungen in kosmetischer Hautpflege
Obwohl klinische Daten noch rar sind, nutzen einige Kosmetikhersteller CBG bereits in topischen Formulierungen – etwa in Kombination mit CBD oder als gezielter Inhaltsstoff bei unreiner oder empfindlicher Haut. Die lipophile Struktur von CBG erleichtert die Penetration in tiefere Hautschichten, was die lokale Wirkung verbessern könnte.
Ein Review aus dem Jahr 2022 fasst die potenziellen dermatologischen Einsatzmöglichkeiten von CBG zusammen – darunter Akne, Ekzeme, Wundheilung und Alterungsprozesse – und fordert explizit kontrollierte Studien, um diese Effekte klinisch abzusichern [19].
Vielversprechend, aber noch im Anfangsstadium
CBG könnte sich langfristig als ergänzender oder eigenständiger Wirkstoff in der Therapie entzündlicher Hauterkrankungen etablieren – vorausgesetzt, die wissenschaftliche Validierung schreitet voran. Bis dahin bleibt CBG ein spannender, aber noch unzureichend erforschter Kandidat in der Cannabisdermatologie.
6. Darreichungsformen: Cremes, Salben, Emulsionen
Die topische Anwendung von Cannabinoiden bietet gegenüber der oralen Einnahme entscheidende Vorteile – insbesondere bei Hauterkrankungen, bei denen es auf eine gezielte Wirkung vor Ort ankommt. Cremes, Salben und Emulsionen ermöglichen es, Wirkstoffe wie CBD oder CBG direkt in die betroffenen Hautareale einzubringen – ohne systemische Nebenwirkungen und mit deutlich reduzierter Resorptionsrate in den Blutkreislauf.
Vorteile der lokalen Anwendung
Durch den lokalen Applikationsweg erreichen die Cannabinoide direkt die Strukturen, in denen sie wirken sollen – etwa Talgdrüsen, Keratinozyten oder periphere Nervenendigungen, die an Juckreiz und Schmerz beteiligt sind. Studien zeigen, dass die perkutane Penetration abhängig ist von:
- Lipophilie des Wirkstoffs (CBD und CBG sind fettlöslich),
- der Wahl der Trägersubstanz (z. B. Cremes auf Öl- oder Alkoholbasis),
- und dem Zustand der Hautbarriere (z. B. bei entzündlicher oder geschädigter Haut verstärkte Aufnahme) [20].
Formulierung macht den Unterschied
Die Bioverfügbarkeit und Stabilität von Cannabinoiden kann je nach Formulierung erheblich variieren. Während Emulsionen schnell einziehen und für großflächige Anwendung geeignet sind, bieten Salben mit höherem Fettanteil längere Wirkstofffreisetzung und okklusive Eigenschaften – sinnvoll bei trockener Haut oder chronischen Ekzemen. Hydrogele werden seltener eingesetzt, da sie wasserbasiert sind und Cannabinoide darin schlechter löslich sind.
Unterschiede zur oralen Einnahme
Im Gegensatz zur oralen Applikation (z. B. CBD-Öle oder Kapseln) entfaltet die topische Anwendung keine systemischen psychoaktiven Effekte – selbst bei Produkten mit geringen THC-Spuren. Sie ist deshalb insbesondere für empfindliche Patient:innen, Kinder oder ältere Menschen interessant.
Zudem kann bei Bedarf eine Kombinationstherapie erwogen werden: etwa topisch bei akuten Symptomen und systemisch zur langfristigen Immunmodulation.
7. Studienlage & regulatorische Bewertung
Obwohl das Interesse an Cannabinoiden in der Dermatologie stetig wächst, steht die klinische Evidenz noch am Anfang. Erste Studien und Fallserien liefern zwar vielversprechende Hinweise – insbesondere für CBD bei Akne und Psoriasis – doch groß angelegte, randomisierte, placebokontrollierte Studien fehlen bisher weitgehend.
Klinische Studien: Erste Ergebnisse, kleine Fallzahlen
Einige kleinere Humanstudien und Beobachtungsarbeiten zeigen positive Effekte:
- Eine Studie mit 20 Patient:innen mit Psoriasis berichtete nach Anwendung einer CBD-haltigen Salbe über signifikante Reduktionen von Juckreiz und Plaquedicke – ohne Nebenwirkungen [21].
- Bei atopischer Dermatitis konnte eine topische CBD-Creme die Hautrötung, den Pruritus und den SCORAD-Wert (ein klinischer Score für die Schwere) verbessern [22].
- Für Akne vulgaris ergab eine In-vitro-Studie mit menschlichen Sebozyten, dass CBD die Talgproduktion hemmt und entzündungsfördernde Zytokine reduziert – mit potenzieller therapeutischer Relevanz [23].
Diese Studien deuten darauf hin, dass topische Cannabinoide eine gut verträgliche und wirksame Ergänzung in der Behandlung entzündlicher Hautkrankheiten sein könnten. Die geringe Fallzahl, kurze Studiendauer und methodischen Limitierungen lassen jedoch noch keine generalisierbaren Aussagen zu.
Regulatorische Einstufung: Kosmetikum oder Arzneimittel?
Ein zentrales Problem bei der Verwendung cannabinoidhaltiger Hautprodukte ist die unklare regulatorische Einordnung:
- Produkte mit CBD aus isolierten Extrakten und in geringen Konzentrationen (< 0,2 %) werden in der EU häufig als Kosmetika vertrieben – insbesondere wenn sie keine arzneilichen Wirkversprechen enthalten.
- Sobald jedoch ein medizinischer Nutzen oder eine krankheitsbezogene Anwendung beworben wird (z. B. bei Psoriasis), handelt es sich rechtlich um ein Arzneimittel – mit entsprechenden Zulassungsanforderungen.
Hinzu kommt das Fehlen standardisierter Vorgaben bezüglich Konzentration, Reinheit, Stabilität und Trägersubstanzen. Viele frei verkäufliche Produkte weisen starke Schwankungen in der CBD-Konzentration auf oder enthalten zusätzliche Stoffe, die potenziell allergen wirken können [24].
Potenzial – mit Luft nach oben
Cannabinoide wie CBD und CBG eröffnen neue Perspektiven in der Behandlung chronisch-entzündlicher Hauterkrankungen. Ihre entzündungshemmenden, talgregulierenden und juckreizlindernden Effekte machen sie zu vielversprechenden Kandidaten für die dermatologische Anwendung – insbesondere bei Akne, Psoriasis und atopischer Dermatitis.
Die bisherigen klinischen Studien zeigen positive Trends, sind jedoch oft auf kleine Kohorten und kurzfristige Beobachtungen beschränkt. Für eine breite medizinische Nutzung fehlen bislang:
- standardisierte Wirkstoffkonzentrationen,
- belastbare Langzeitdaten,
- sowie regulatorisch zugelassene Präparate mit gesicherter Qualität und definierter Indikation.
Besonders nicht-psychotrope Cannabinoide wie CBD und CBG bieten den Vorteil einer lokalen, nebenwirkungsarmen Anwendung – vorausgesetzt, es kommen qualitätsgesicherte Produkte zum Einsatz und die Anwendung erfolgt unter fachlicher Begleitung. Eine Substitution klassischer Therapien ist derzeit nicht angezeigt – wohl aber eine sorgfältige Ergänzung im Rahmen multimodaler Behandlungsstrategien.
Der dermatologische Einsatz von Cannabis steht damit an der Schwelle zwischen Hoffnung und Evidenz – mit großem Potenzial, aber ebenso großem Bedarf an weiterer Forschung und regulatorischer Klarheit.
Verwendete Quellen:
[1] Maccarrone M et al. (2006). Endocannabinoid signaling at the periphery: 50 years after THC. Trends in Pharmacological Sciences, 27(10), 566–573.
[2] Tóth KF et al. (2019). Cannabinoid Signaling in the Skin: Therapeutic Potential of the “C(ut)annabinoid” System. Molecules, 24(5), 918.
[3] Bíró T et al. (2009). The endocannabinoid system of the skin in health and disease: novel perspectives and therapeutic opportunities. Trends in Pharmacological Sciences, 30(8), 411–420.
[4] Gaffal E et al. (2013). Cannabinoid 1 receptors in keratinocytes modulate proinflammatory cytokine production and attenuate contact hypersensitivity reactions. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 132(4), 979–981.e6.
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